Keramik aus Tunesien
Im Dezember 2010 gingen in Tunesien Menschen auf die Straße um gegen die stark gestiegenen Lebensmittelpreise, hohe Arbeitslosigkeit, mangelnde Investitionen und schlechte Zukunftsperspektiven zu protestieren. Trotz guter Ausbildung waren die Chancen auf einen angemessenen Arbeitsplatz gering. Das von Zensur und Korruption geprägte Land erlebte in Folge Aufstände. Der kleptokratische Präsident Ben Ali regierte 24 Jahre, bis er einen Monat nach Beginn der Revolte nach Saudi Arabien floh. Doch in den Ministerien sitzen immer noch die VertreterInnen des alten Regimes. Die Unruhen breiteten sich schnell über das Land und seine Grenzen hinweg aus. Der sogenannte "Arabische Frühling" rückte medial in den Mittelpunkt der europäischen Berichterstattung. Soziale Medien wie Facebook und Twitter spielten eine tragende Rolle in der weltweiten Verbreitung von Bildern der Massenproteste. Eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation blieb jedoch auch nach der "Tunesischen Revolution" aus. Im Gegenteil, die Lage verschlechterte sich weiter. Vor allem durch die Terrorangriffe auf TouristInnen im Jahr 2015 brach ein wichtiger Wirtschaftszweig (ca. 10 % BIP) des Landes ein.
Der Rückgang des Tourismus hatte u.a. Auswirkungen auf viele Klein(st)unternehmen und Keramikwerkstätten. In Nabeul, dem Zentrum der tunesischen Töpfer- und Keramikkunst, mussten in Folge von 600 Werkstätten mehr als 400 schließen. Heute arbeiten nur noch ca. 200 Keramikwerkstätten in der 60.000 EinwohnerInnen großen Stadt, 70 Kilometer von Tunis entfernt. Der Sektor steckt in einer tiefen Krise, da durch die Rückgänge des Tourismus die Umsätze eingebrochen sind. Le Souk will ein gutes Beispiel einer Keramikwerkstätte in Nabeul sein und zeigen, dass es in dieser Branche trotz allem Hoffnung und Zukunft gibt. Der Faire Handel ist in diesem Zusammenhang ein neuer Hoffnungsmarkt, den es noch zu erschließen gibt.
Le Souk
... hat das Ziel zu zeigen, dass eine Kooperation zwischen westlicher und muslimischer Welt trotz kultureller Unterschiede gut funktionieren kann. Le Souk fördert traditionelles Kunsthandwerk einerseits durch die internationale Vermarktung und andererseits durch die Verbesserung bei Qualität und Design.
Das 1997 gegründete, private Unternehmen ist auf den Exportmarkt ausgelegt und verbessert durch stabiles Wachstum die Gehälter und Arbeitsbedingungen stetig. Produziert wird in zwei Werkstätten. In einem Gebäude werden die Rohlinge hergestellt, und rund einen Kilometer entfernt werden diese dann ausschliesslich von Hand bemalt. Beide Gebäude sind angemietet.
Die ProduzentInnen
Bei Le Souk sind rund 60 Menschen über das ganze Jahr beschäftigt. In beiden Werkstätten arbeiten Männer und Frauen teilweise in Tätigkeitsbereichen, die normalerweise nicht von Frauen bzw. Männern ausgeübt werden. Viele von ihnen kommen aus dem Keramiktrainingszentrum in Nabeul. Einige haben nur die Grundschule besucht. Ca. die Hälfte der MitarbeiterInnen sind weiblich. Alle Beschäftigen besitzen einen fixen Arbeitsvertrag und verdienen deutlich über Mindestlohn (durchschnittlich das Doppelte). MitarbeiterInnen, die neue Designs entwickeln, bekommen einen zusätzlichen Bonus bezahlt. Le Souk kommt außerdem zu 100% für die Kosten der Gesundheits- und Pensionsversicherung auf. Die Interessen der Belegschaft werden durch zwei gewählte SprecherInnen vertreten.
Vorteile aus dem Fairen Handel:
Durch die Zusammenarbeit mit dem Fairen Handel sollen die Arbeitsbedingungen kontinuierlich verbessert und Arbeitsplätze langfristig gesichert werden.
Bisher profitieren die Angestellte bei Le Souk von:
- Bezahlung deutlich über dem Mindestlohn (bis zum dreifachen Mindestlohn)
- 100%ige Übernahme der Kosten der Gesundheits- und Pensionsversicherung
- Interessensvertretung durch zwei gewählte SprecherInnen
- Saubere und sichere Werkstätten
- Atemschutz bei der Herstellung von Rohlingen
- Bonuszahlungen für Designentwicklung seitens der MitarbeiterInnen
- Fixe Arbeitsverträge für alle Angestellten